Kräuter Natur

Firmen- und Marken-BrandSoul einer Genussmittel-Herstellerin

Ein Beispiel für den Einsatz des BrandSoulCompass, den ich aus einer Beiratsrolle angeleitet und begleitet habe. Hier geht es um die gelungene Definition einer BrandSoul, die sich mehr auf die Marke als auf einzelne Personen bezieht, aber letztlich das Verhalten einzelner Personen maßgeblich beeinflusst hat, bei einer Herstellerin von Luxus-Genussmitteln (reale Situation verfremdet).

Es handelt sich um ein Start-up, ein Unternehmen mit dem sozialem Anspruch, die Lieferanten ihrer Rohwaren aus kleinen Gärten im globalen Süden nicht auszunutzen, sondern sie einzubinden, indem sie zu Miteigentümern werden. Die Rohwaren werden in Europa von kleinen Feinkost-Küchen zu leckeren, gesunden und nachhaltigen, bio-zertifizierten Genussmitteln verarbeitet und online sowie im klassischen Lebensmitteleinzelhandel und in Fachgeschäften in Deutschland vertrieben.

Was die drei Gründerinnen nicht entschieden hatten, ist, wer und was sie nun eigentlich sind – Gourmets, Spitzenköche, Ernährungsexperten oder… GärtnerInnen. Alle vier Optionen hatten Vor- und Nachteile, und das jahrelange Hin und Her lähmte die Organisation, verunsicherte die Kunden und die Miteigentümer, die Gärtner. Denn sie wussten zwar, was sie tun, aber nicht, wer sie sind. Content in den sozialen Medien kreiste immer wieder um die Gärtner in Afrika, ihr Leben, das Anbauen, Pflegen, Ernten der Früchte und die Erhaltung des Lebensraumes, mit dem Prinzip, dass der Preis für die Rohwaren von den Gärtnern gemeinsam mit dem Team in Deutschland festgelegt wird, und nicht via Weltmarkt und spekulativen Börsenpreisen das Einkommen der Bauern ruiniert.

Andererseits wurde die Qualität der anderen Zutaten zelebriert, und auf Verpackungen das ursprüngliche Prinzip nur klein auf der Rückseite erwähnt. Somit war klar, dass der fehlende Fokus das kleine Budget unnötig zersplitterte, und nirgends eine kritische Masse erreicht werden konnte. Es galt also, Entscheidungen zu treffen. Und zwar nicht mit monatelangen quantitativen oder qualitativen Marktforschungen und Strategieprozessen – denn dafür sind in einem Start-up (und auch in den meisten KMUs) weder das Geld noch die Zeit noch die Ressourcen und die entsprechende Energie vorhanden.

Wir lösten das Thema in drei Workshops à je ein paar Stunden, sogar remote, mit Vertretern der Gärtner vor Ort. Es ging für mich vor allem darum, das intuitive Wissen über die richtige Positionierung herauszufiltern, und die 3 GründerInnen alles aussprechen zu lassen, was ihnen vor, beim und seit dem Start des Geschäfts wichtig war.

Schnell wurde klar, dass es natürlich darum geht, exzellente Produkte herzustellen und Gourmets damit glücklich zu machen. Viel wichtiger war jedoch allen drei Personen der Gründungs- Impuls: Die Gärtner sollten Miteigentümer sein und mitbestimmen, was mit ihren Früchten und Kräutern passiert, und zu welchen Konditionen sie selbst und die Mitspieler in der ganze Wertekette bis hin zum Endverbraucher, zur Konsumentin davon profitieren. Es ging also um das Experiment der Gärtner, ihre Ernten selber zu vermarkten – auch wenn der physische Prozess der Verarbeitung zum fertigen Produkt in Europa passiert. Also war spätestens nach der ersten Session klar: Sie sind Gärtner, und nicht Spitzenköche. Als diese Entscheidung gefallen war, war es ein Leichtes, alle anderen Fragen konsistent zu beantworten, und dann die Strategie entsprechend auszurichten.

Natürlich kommt es immer wieder zu Diskussionen darüber, doch der gemeinsam erstellte BrandSoulCompass liegt auf dem Tisch, in Wort und Bild, und hilft, sich immer wieder daran zu erinnern und sich wieder auszurichten, bis die Nadel wie beim richtigen Kompass wieder justiert ist und die Navigationsrichtung neu festgelegt oder wieder bestätigt werden kann.

Spannend an diesem Beispiel war und ist, wie das ganze Team sich sofort anfing, an der Entscheidung auszurichten, und sie in die Tat umzusetzen. Das zeigt, dass hier intuitiv richtig gehandelt wurde, und es sozusagen in der Luft lag – aber es brauchte den offiziellen Prozess und die Fakten, an denen sich das Team tagtäglich orientieren kann. Die intuitive Entscheidung wurde so objektiviert und kann erklärt und nachvollzogen werden.

(Quelle: Peter Buchenau Clarissa-Diana de Grancy, Hrsg.; Verlag Springer Gabler. Kapitel 7.5.1, Der innere Kompass zur Entscheidungsfindung, Petra Staudenmaier)

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